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Weitere Infos zur CAR-T-Zell-Therapie

(Foto: © AG Penack)

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Immuntherapien haben die Therapielandschaft von häufigen onkologischen Erkrankungen in den letzten Jahren stark verändert. Mittlerweise werden Monoklonale Antikörper und/oder Checkpoint Inhibitoren in der systemischen Erstlinientherapie der meisten Krebserkrankungen eingesetzt. Zudem haben innovative immuntherapeutische Verfahren den Einsatz in die klinische Routine gefunden, wie z.B. die CAR-T-Zelltherapien, die ersten „lebenden Medikamente“.
Aufgrund der hohen Zahl von mit Tumor-Immuntherapie behandelten Patient:innen ist eine ausschließliche Versorgung in spezialisierten Zentren nicht mehr möglich. Hausärzt:innen sind regelhaft in die Betreuung vor- und nach Tumor-Immuntherapie eingebunden und benötigen ein Grundverständnis der Chancen und Risiken der neuen Therapien.
Chancen: CAR-T-Zellen, die auf CD19 (Lymphome, Leukämien) oder BCMA (Multiples Myelom) abzielen, sind bereits zu Standardbehandlungen von rezidivierten oder refraktären hämatologischen Malignomen geworden. Tabelle 1 zeigt die in Europa zugelassenen Präparate. 
 

Tabelle 1: Aktuell in Europa zugelassene CAR-T Zell Präparate

Wirkstoff / Substanz

Produktname

Antigen

Zugelassene Indikationen (Therapielinie)

(Kurzbezeichnung) Hersteller

Tisagenlegleucel

Kymriah

CD19

Akute lymphatische Leukämie bei Patient:Innen ≤25 Jahre (3rd line, oder nach allogener Stammzelltransplantation), Diffus-Großzelliges B-Zell Lymphom (≥3rd line), Follikuläres Lymphom (≥3rd line)

(Tisa-Cel) Novartis

Axicaptagene ciloleucel

Yescarta

CD19

Diffus-Großzelliges B-Zell Lymphom (2nd line, nur bei Rückfall nach 1st line <12 Monate), Diffus-Großzelliges B-Zell Lymphom (≥3rd line), Follikuläres Lymphom (≥4th line)

(Axi-Cel) Kite/Gilead

Brexucaptagene autoleucel

Tecartus

CD19

Akute lymphatische Leukämie bei Patient:Innen ≥26 Jahre (≥2nd line), Mantelzell-Lymphom (≥2nd line nach Behandlung mit einem BTK-Inhibitor)

(Brexu-Cel) Kite/Gilead

Idecaptagene vicleucel

Abecma

BCMA

Multiples Myelom (≥4th line nach Behandlung mit Immunmodulator, Proteasomeninhibitor und anti-CD38)

(Ide-Cel) BMS

Ciltacaptagene autoleucel

Carvykti

BCMA

Multiples Myelom (≥4th line nach Behandlung mit Immunmodulator, Proteasomeninhibitor und anti-CD38)

(Cilta-Cel) Janssen

Bei Patient:innen mit Chemotherapie-refraktären B-Zell Lymphomen und mit akuter lymphatischer Leukämie haben CD19+ CAR-T-Zelltherapien die Prognose entscheidend verbessert. Sie bieten in vormals palliativen Therapiesituationen die Chance auf Heilung und Langzeitüberleben. Die gegen BCMA gerichteten Myelom CAR-T-Zelltherapien haben ebenfalls sehr gute Ansprechraten bei Therapie-refraktären Patient:innen, jedoch ist derzeit der langfristige Nutzen noch schwer zu beurteilen. Beim Multiplen Myelom kann es regelhaft zu späten Rezidiven/Krankeitsprogressen kommen und die Nachbeobachtungszeit der mit BCMA CAR-T-Zellen behandelten Patient:innen ist dafür noch recht kurz.  
Darüber hinaus sind zahlreiche Studien in weiteren Tumorentitäten im Gange, die einen breiteren klinischen Einsatz von CAR-T-Zellen mit unterschiedlichen Antigenspezifitäten in naher Zukunft erwarten lassen.

Risiken: Grundsätzlich sind die CAR-T-Zelltherapien besser Verträglich im Vergleich zu den noch intensiveren Therapieverfahren der autologen- und allogenen Stammzelltransplantation, die bisher häufiger bei Chemotherapie-refraktären Hämatologischen Malignomen eingesetzt wurden. Es ist durchaus möglich Patient:innen mit Krankheitsbedingt-eingeschränktem Allgemeinzustand zu behandeln. Gleiches gilt für ältere Patient:innen, die für Stammzelltransplatationen nicht in Frage kommen. Die Überwachung der Sicherheit von CAR-T-Zellen ist jedoch von großer Bedeutung, da diese neue Klasse der Antitumortherapie bisher unbekannte Nebenwirkungen haben könnte. 

Typische CAR-T-Zell Nebenwirkungen der aktuell zugelassenen Präparate sind das Zytokin Freisetzungssyndrom (Cytokine Release Syndrome, CRS), das Immuneffektrozell-assoziierte Neurotoxizitäts Syndrom (ICANS) und die langdauernde B-Zell Aplasie.
Cytokine Release Syndrome (CRS). Als Reaktion auf den Kontakt mit dem Zielantigenen (CD19 oder BCMA) induziert die Signalübertragung durch den CAR die Proliferation von CAR-T-Zellen und die Produktion von Zytokinen. Dies führt zu einer Kaskade von Immunstimulation, bei der Makrophagen aktiviert werden. Klinisch stehen Fieber und Tachykardie und in schwereren Fällen zusätzlich Hypotonie und Hypoxie im Vordergrund. Der typische Beginn von CRS liegt zwischen Tag +3 und +6 nach CAR-T-Zell-Infusion. Die Inzidenz schwerer CRS liegt im Bereich von 10–20 %. Und in diesen Fällen werden der IL-6 Antikörper Tozilizumab und Steroide eingesetzt.

Immuneffektrozell-assoziierte Neurotoxizitäts Syndrom (ICANS).  Die Zeit bis zum Einsetzen von ICANS-bezogenen Symptomen ist im Vergleich zum Einsetzen von CRS etwas später zwischen Tag+4 - +10 nach CAR-T-Zell Infusion.  Das klinische Erscheinungsbild beginnt oft mit einer Verschlechterung der Handschrift und später können unspezifische Symptome wie Aufmerksamkeitsstörungen, Unruhe, Verwirrtheit, Zittern, Kopfschmerzen oder Krampfanfälle auftreten. Schweregrade reichen von häufiger auftretenden geringfügigen Veränderungen (ca. 20-30%) bis hin zu seltenen schweren Störungen (z. B. Krampfanfälle, Bewusstseinsstörung). Normalerweise ist ICANS reversibel; In sehr seltenen Fällen können jedoch tödliche Fälle aufgrund von Blutungen oder Hirnödemen auftreten. Die Therapie erfolgt mit Steroiden. 

Eine B-Zell-Aplasie in Verbindung mit Hypogammaglobulinämie tritt regelhaft nach CD19 oder BCMA CAR-T-Zelltherapie auf. Die Substitutionstherapie mit Immunglobulinen wird häufig durchgeführt zur Propylaxe von Infekten. Interessanterweise ist die Dauer der Persistenz der CAR-T-Zellen im Körper (und damit die Dauer der B-Zell Aplasie) sehr heterogen (Wochen bis >10 Jahre) und bisher nicht vorauszusagen. Auch aufgrund der Vorbehandlung mit T-Zell depletiereden Substanzen (Lymphodepletion direkt vor CAR-T-Zell Infusion) wird empfohlen, bei Patienten nach CART eine antimikrobielle und antivirale Prophylaxe anzuwenden. Die meisten Zentren verwenden Cotrimoxazol, Trimethoprim und Aciclovir bis etwa 6-9 Monate nach der Infusion CAR-T-Zellen. Es ist umstritten, ob und wann Patienten nach einer CAR-T-Zelltherapie eine erneute Grundimmunisierung erhalten sollten.